Die Pechsieder (Pechkratzer) in Föllmar und im Fichtelgebirge

Wegen der rauhen Höhenlage warf der Ackerbau in Föllmar nur geringe Erträge ab. Deshalb mussten sich die Bewohner etwas hinzuverdienen. Eine dieser Verdienstmöglichkeiten war die Pechgewinnung.

Berechtigte Personen bekamen von der Forstverwaltung einen Waldbezirk zugewiesen, für den sie jährlich ein bestimmtes Maß Pech als Pachtzins abliefern mussten. So lieferte z. B. Konrad Götz aus Föllmar im Jahre 1670 vier Zentner und 42 1/2 Pfund Zinspech ab. Sein Pechwald fing an bei der Glasermühle, den Mühlweg hinauf zum breiten Brunnen, auf das Hirschhorn, von hier auf dem Heuweg bis zum Gern. Außerdem hatte er noch die südlich von Föllmar gelegene Waldabteilung Seilau zur Nutzniesung inne. [2]

Die Pechkratzerhütte in Föllmar (2004)
Die Pechkratzerhütte in Föllmar (2004) (Foto: Ulrich Trepl)

Im Laufe der Zeit verringerte sich der Ertrag ständig. Schon 1764 beklagte sich der Besitznachfolger, dass er in der Seilau kaum das Zinspech von 90 Pfund gewinnen könne, weil dort jährlich über 1000 Klafter geschlagen würden. Außerdem gab es noch unberechtigte Pechkratzer die das Pech nahmen, wo sie es erwischen konnten. [2]

Zum Ende des 19. Jahrhunderts ging das Pechkratzerhandwerk im Fichtelgebirge zu Ende. Die Konkurrenz durch Importe wurde groß.

Der Staatsforstverwaltung waren die Pechwaldbesitzer ein Dorn im Auge, denn der Wald litt unter den Eingriffen der Pechler. Nach und nach verkauften die Pechwaldbsitzer ihre Rechte an den Staatsforst. Schließlich hat der Staat um das Jahr 1900 auch in Föllmar die Pechrechte gegen eine Geldentschädigung abgelöst.

Das letzte noch verbliebene Relikt aus dieser Zeit ist die „Pechkratzerhütte“ hinter dem Anwesen von Heinrich Vogel in Föllmar.

Wie wurde das Pech gewonnen?

Werkzeuge:[1]

Der Pechkratzer von rund 60 cm Länge bestand aus einem Holzstiel mit einem Eisen. An diesem befand sich unten ein 5 bis 6 cm langer winkelförmiger scharfer Haken und oben ein kleines Beil zum Durchschlagen harter Baumrinden.
Ein einziger scharfer Riss entfernte einen schmalen Streifen Rinde bis auf das Holz. Das eingetrocknete, herausgequollene Harz wurde dann mit dem Pechkratzer abgekratzt. Aufgefangen wurde es mit dem Pechtubel, einem viertelkugelförmigen Leinwandbehälter, oben offen gehalten durch einen halbkreisförmigen Holzbogen. Der volle Tubel wurde in einen mitgeführten Sack entleert.
Die Pechler trugen über der Achsel stets den Pechkratzer mit daran gehängtem Tubel und Sack.

Pecherzeugung:[1]

Die Pechhütten waren einfache kleine Holzhütten. Drei eiserne, runde etwas ausgebauchte Kessel von 50 cm Höhe und 35 cm mittlerem Durchmesser, unten kugelförmig mit einer runden Ausflussöffnung von etwa 3 cm Durchmesser, waren nebeneinander eingemauert und der Feuerungskanal lief die Seiten der Kessel entlang und zwischen den Kesseln (nicht unten). Die 3 Kessel waren unten durch eine eng anliegende Abflussrinne oder ein Rohr verbunden, wodurch das Pech aus der Ausflussöffnung der Kessel abfloss. Die Boden- oder Abflussöffnung eines jeden Kessels war durch ein Sieb abgedeckt, um Unreinheiten (Rinde, Holz) zurückzuhalten.

Das zuerst ausfließende feinste Pech war das Schusterpech. War dieses ausgeschieden, verlangsamte sich der Abfluss. Jetzt wurde die Masse mittels einer Holzschraube zusammengepresst. Das jetzt ausfließende geringwertigere Pech benutzten die Brauer als Fasspech.

Die Kessel waren oben dicht verschlossen durch ein trichterähnliches Blech, das in einem langen Rohr auslief, durch welches die sich entwickelnden Dämpfe (der Pechgeist) aufgefangen und in Flaschen geleitet wurden: Das Pechöl.

Das Pechöl war mit Wasser verunreinigt. Oben in der Flasche stand das leichte Pechöl, unten das schwerere Wasser. Die beiden Elemente mussten getrennt werden. Zu diesem Zweck benutzte man große durchsichtige Glastrichter, die in den hiesigen Glashütten hergestellt wurden. Diese wurden unten mit einem Finger zugehalten. Dann goss man langsam das Pechöl aus der Flasche in den Trichter. Das Wasser sammelte sich unten im Trichterhals, das Öl schwamm oben. Nun wurde der Finger vorsichtig weggezogen und das Wasser lief ab. Das Öl wurde anschließend in Flaschen abgefüllt.

Das Pechöl war am wertvollsten und wurde in Schreinereien, aber auch als Einreibemittel bei allen möglichen Krankheiten verwendet. Die ausgepressten Pech- und Harzrückstände wurden zu sogenannten Pechkuchen gepresst, die als Brennstoff Verwendung fanden.